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Art Basel 2017: Mediokres von oben

Es hat durchaus Vorteile, Art Basel zu sein. Die wichtigste und umsatzstärkste Kunstmesse der Welt verfügt über ausreichend Instrumente um über Besuchersteuerung die Stimmung zu beeinflussen. Während im letzten Jahr die Gänge während der Preview kurz vor Einlass der zweiten Welle recht leer wirkten, herrschte an diesem Dienstag von Anfang an dichtes Gedränge. Anscheinend haben die Schweizer in weiser Voraussicht eine größere Zahl von Menschen zu der begehrten First Choice eingeladen, um einen kaufanregenden buzz zu erzeugen.

Das scheint auch funktioniert zu haben. Wie auf den kleineren Messen tags zuvor, berichten viele Aussteller von guten Verkäufen am ersten Tag. Der Tag danach hingegen ungewöhnlich ruhig für die Art Basel. Ganz kann sich eben auch die unumstrittene Marktführerin nicht vom weltweiten Trend freimachen. Und der bewegt sich zur Zeit bestenfalls seitwärts, zumindest für die aktuelle Kunst. In Basel scheint sich fortzusetzen, was sich in Miami bereits angedeutet hat: Es wird zwar nach wie vor gekauft, aber man bemüht sich dafür immer weniger an den jeweiligen Ort, sondern kauft per Telefon. Erstaunlich ist die augenscheinlich stärkere Präsenz chinesischer Besucher. Ursache sei die Messe in Hongkong erklärt Martin Janda aus Wien. Er habe bereits an Chinesen verkauft. Seit der Etablierung der Art Basel Hong Kong verstünden die Asiaten die Marke besser und wollten daher auch die Muttermesse sehen.

Wie verkrampft oder unverblümt einige Galerien um Umsatz kämpfen, zeigt der Kontrast zweier Nachbarstände. Während Max Hetzler aus Berlin den großen Formaten neuer Arbeiten von Richard Prince und Albert Oehlen in einem präzise kuratierten Stand Raum zum Atmen lässt, scheint man bei Gagosian wahllos an die Wand geworfen zu haben, was das Lager hergibt. Da hängt dichtgedrängt neben einer „Nurse“ von Richard Prince ein mediokrer Picasso, den vor noch nicht allzu langer Zeit bei einem Day Sale im Nachverkauf geschossen worden sein könnte. Wer bei der Betrachtung dieser Meisterleistung einen halben Schritt zu weit zurück tritt, reißt eine Arbeit von Donald Judd von der Wand. Diese Art der Marktschreierei, die sich um Ästhetik und Zusammenhänge nicht kümmert, ist die hässliche Seite des Marktplatzes.

Doch es gibt auch die andere Seite, nicht nur bei den jungen Galerien, die ohnehin kaum auf ausreichende Umsätze hoffen dürfen und daher ihre Teilnahme als Visitenkarte verstehen müssen. Esther Schipper aus Berlin etwa zeigt mit „Ann Lee und Marcel“ eine sehr intensive Arbeit von Tino Sehgal, die den Betrachter aktiv mit einbezieht, das allerdings nicht publikumsheischend am Gang, sondern in einem großzügig bemessenen Raum im hinteren Teil des Standes. Georg Kargl aus Wien dokumentiert knapp 40 Jahre seiner Galerietätigkeit mit Arbeiten von Richard Artschwager, über Rosemarie Trockel und Rudolf Stingl bis zu Nedko Solakov jeweils mit Arbeiten aus der Zeit.

Welchen Schaden würde die Art Basel eigentlich nehmen, wenn sie etwa Gagosian für eine Ausgabe sperrt? Um deutlich zu machen, dass sie für ein gewisses Qualitätsniveau steht, nicht nur inhaltlich, sondern auch die Präsentation betreffend. Könnte es sich irgendeine Galerie dieser Größenordnung wirklich leisten, die Basel-Messen dauerhaft zu boykottieren? Schließlich gilt die Art Basel in Basel immer noch zu Recht als Olymp des Kunstmarkts.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Basel 2017
15 - 18.06.2017

Art Basel
4005 Basel, Messe Basel, Messeplatz Halle 1 und 2
http://www.artbasel.com


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