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Frankenstein und der Jahrmarkt

Wer wenig Zeit hat oder sich den Aufgalopp zum Gallery Weekend Berlin nicht antun möchte, kann mit dem Projekt „Frankenstein“ von Paolo Chiasera in der Galerie PSM Sabine Schmidt eine sublimierte Tour durch sämtliche Künstlerpositionen der teilnehmenden Galerien machen. Dazu hat der Künstler Motive aus Arbeiten aller Künstler isoliert, rekombiniert und mit deren jeweiligen Initialen monogrammiert in einer selbst entwickelten Art Monotypie auf millimeterdünne Gipsflächen übertragen, die wiederum auf Leinwand aufgebracht werden. Einem Großteil des Wochenendpublikums dürften derartige Spielereien zwischen Skulptur und Malerei jedoch zu subtil sein. Wahre Menschenmassen drängten sich am Eröffnungstag in der ehemaligen Druckerei des Tagesspiegels, in dem nicht nur Esther Schipper mit Angela Bulloch und Anri Sala ihre neuen Räume eröffneten, sondern auch Blain Southern ein 22 Meter breites Wimmelbild von Jonas Burgert einem staunenden Jahrmarktspublikum präsentierte. Viele Galerien setzen bei ihrer wichtigsten Ausstellung des Jahres auf aufwändige oder minimalistische Projekte. ŻAK | BRANICKA haben für Robert Kuśmirowski ihren Galerieraum in das in den 30er Jahren dort befindliche Reisebüro zurückverwandelt und verkaufen imaginäre Flugtickets zu den Wunschzielen der Sammler. KOW richtet dem Opus Magnum "Love Story" von Candice Breitz den angemessenen Auftritt aus. Die Arbeit wird zukünftig dem Besatnd der Neuen Nationalgalerie zieren. Bei Eigen + Art legt Olaf Nicolai schlicht eine Plexiglaskette entlang der Raumkanten aus. Nicht wenige Teilnehmer zeigen historische Positionen. Barbara Thumm stellt mit einer Lichtinstallation und Zeichnungen jeweils aus den 70er Jahren die peruanische Konzeptkünstlerin Teresa Burga vor. Die nur formal spröden Arbeiten von Bernd Lohaus aus ungefähr der gleichen Zeit atmen bei Daniel Marzona den Geist von Fluxus und Arte Povera. Eine derartige Bandbreite hochkarätiger Galerieausstellungen von Klasikern bis Cutting Edge ist in Deutschland tatsächlich nur zum Gallery Weekend in Berlin zu sehen. Es ist daher schade, dass die Veranstaltung in den letzten Jahren ein wenig an internationaler Strahlkraft verloren hat. Die Teilnehmerliste zum Dinner am Samstag liest sich wenig glamourös. Fürs Fußvolk und den kleineren Geldbeutel empfiehlt sich die Paper Positions, ein Ableger des abc-Satelliten Positions im Herbst. Diese kompakte Messe ohne Kojen ist nicht ohne Charme und qualitativ ihrer Mutter deutlich überlegen. www.gallery-weekend-berlin.de www.paperpositions.com
Mehr Texte von Stefan Kobel

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