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ArtBo: Hoch hinaus

Die ArtBo möchte hoch hinaus. Die Messe in Kolumbiens auf 2.600 Metern Höhe gelegenen Hauptstadt Bogota möchte nicht weniger als der wichtigste Marktplatz der Region werden. Vor zwölf Jahren gegründet, versammelt sie inzwischen „74 Galerien aus 28 Städten“ und komme damit auf einen Ausländeranteil von 82 Prozent, betont Direktorin Maria Paz Gaviria. Internationalität meint damit vor allem Lateinamerika. Tatsächlich sind viele der wichtigsten Galerien des Kontinents hier, abgesehen von Mexiko, das etwas unterrepräsentiert ist. Das große Pfund, mit dem ArtBo wuchert, ist die Abteilung Referentes, die historische Positionen heimischer Produktion jeweils unter einem Gesichtspunkt präsentiert. Bis auf einige Schlüsselwerke aus Institutionen und Privatsammlungen stammen die allermeisten aus den Beständen der teilnehmenden Galerien. Die aktuelle dritte Ausgabe wurde von Pablo Leon de La Barra und Erika Florez kuratiert und führt erneut auf musealem Niveau die Wurzeln der aktuellen Kunstszene vor. Formal fällt vor allem der geringe Anteil an Malerei auf, sowohl in der Sonderausstellung als auch in den Kojen. Zeichnung, Mixed Media, Skulptur und Video dominieren das Angebot, anders als auf anderen Messen, wo häufig die international besser handelbare Flachware das Bild bestimmt. Michael Sturm aus Stuttgart, der schon seit einigen Jahren nach Bogota kommt, hat trotzdem einen Maler dabei. Dave Bopp studiert zwar noch in Stuttgart, doch die in mehreren analogen und digitalen Arbeitsschritten entstandenen Bilder fänden reißenden Absatz, erklärt der Galerist. Auf das etwas schwierigere Pflaster hier begebe er sich mit dem Künstler, weil es ihm nicht darum ginge, den Künstler durch schnellen kommerziellen Erfolg zu verheizen, sondern darum, ihm eine möglichst breite Plattform zu bieten. Zu dieser entwickelt sich die Messe immer mehr. Mittlerweile kommen gerade wegen des ungewöhnlichen Angebots nicht nur vor allem Kuratoren, weniger Sammler, aus ganz Lateinamerika, sondern zunehmend aus den USA und Europa. Entsprechend richten die von außerhalb Südamerikas angereisten Galeristen ihr Angebot aus. Jerome Poggi aus Paris richtet Babi Badalov eine Soloshow aus, dessen Textarbeiten auf Papier nicht nur technisch gut hierher passen, sondern sich mit Preisen unter 10.000 Euro auch preislich ins Niveau fügen. Mit Artecamara bietet die Messe nicht nur jungen kolumbianischen Künstlern eine Plattform, sondern auch Ausbildung im Vorfeld der Messe. Auf dem Papier etwas heikel klingt der Titel der diesjährigen Proyectos. Jens Hoffmann hat sie unter das Thema Figuration gestellt. Doch die 15 Einzelpräsentationen können weitgehend überzeugen. Der 32-jährige Argentinierin Jazmin Lopez etwa gelingt es, bei Ruth Benzacar aus Buenos Aires das Thema über die Beschäftigung mit der menschlichen Haut in die Abstraktion zu drehen, ohne bemüht zu wirken. Auf anderen Gebieten kann die Messe noch dazulernen. Die vier Veranstaltungen in der Stadt, die vom spartenübergreifenden Kunstfestival bis zur ernstzunehmenden Kleinmesse Odeon in einem ehemaligen Theater reichen, werden von der Hauptmesse unverhohlen als Konkurrenz betrachtet und nach Kräften ignoriert. Dabei sind sie das keinesfalls, eher im Gegenteil. Von den zusammengenommen rund 30 lateinamerikanischen Galerien, die an den bisher sechs Ausgaben von Odeon teilgenommen haben, sind inzwischen sechs zur ArtBo abgewandert. Auch ist das Preisniveau ein anderes – über 5.000 Euro kostet kaum etwas, und der wechselweise von drei Artist Run Spaces betriebene Stand „Temporal“ bietet kleinformatige Gemälde schon ab etwas über 200 Euro an. Wer sich in der Szene auskennt, besucht die Parallelveranstaltung ohnehin. Es könnte die Attraktivität der ArtBo nur steigern, wenn sie die diversen Initiativen als Bereicherung begriffe.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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ArtBo
27 - 30.10.2016

Corferias
Bogotá, Carrera 37 #24-67
http://english.artbo.co


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