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Krakau, aktuelle Einblicke in die Kunstszene

Es war wieder der bekannte Mix aus Museen, Galerien, Offspaces, Künstlerateliers – und Restaurants (!), das Markenzeigen der Kunstreisen von Hans Knoll, diesmal ortskundig zusammen- und vorgestellt von der in Krakau tätigen Kunsthistorikerin Wiktoria Kałwak. Insgesamt 25 Destinationen standen zur Wahl, volles Programm also für eine Erstbegehung auf den Spuren der Nachfahren von Jan Matejko (1838 -1893) und Stanisław Wyspiański (1869 – 1907), zwei Künstlerpersönlichkeiten, die in Krakau prägend wirkten. First things first: Das MOCAK, Museum of Contemporary Art in Krakow. Auf dem Gelände der Schindler Fabrik (Schindlers Liste) vom italienischen Architektenbüro Claudio Nardi optimal eingepasst, konnte das Museumsgebäude im Mai 2011 eröffnet werden. Direktorin der ersten Stunde Maria Anna Potocka führt mit sicherer Hand und koordiniert die verschiedenen Bereiche: Themenausstellungen, zu denen jeweils Publikationen erscheinen, die Präsentation der Sammlung – Abramovich, AES + F, Bałka, Fraser, Oursler, Weibel, Ai Weiwei, Zitko und Zobernig sind vertreten, demnächst ist Daniel Spoerri zu Gast. Prinzipiell geht es um den Dialog zwischen polnischer und internationaler Kunst. Das Logo, das die Form des von der ehemaligen Fabrik übernommenen Sheddaches nachzeichnet, ist das Ergebnis eines Wettbewerbs an der Industrial Design Faculty an der Akademie von Krakau. Hier kann assoziativ mit dem Besuch der Bunkier Sztuki Gallery angeschlossen werden. Noch bis Ende November findet die 2. Ausstellung Polnischer Logokunst "Graphic Symbols" statt, im Anschluss an die frühere 1969. Spannend werden Firmenlogos aus der Zeit 1945 – 1969 aktuellen aus den Jahren 2000 – 2015 gegenübergestellt. Generell sieht es die Leitung der Galerie - ein 1965 dem historischen Zentrum Krakaus kontrastierend eingepfropfter brutalistischer Bau - als ihre Zielsetzung, bahnbrechende, zeitgenössische Kunst zu zeigen sowie Lectures, Workshops und Vermittlungsprogramm anzubieten, ebenso besteht eine kleine Sammlung. Fresh Gallery, eine ganz junge Galerie, promoted „frische“ Kunst aus den polnischen Kunsthochschulen, ohne sich auf eine bestimmte Richtung oder Geschmack festzulegen. Grob geschätzt dürften bereits an die 70 % über den Online-Shop verkauft werden. Die Preise erscheinen moderat: Entdeckt wurden etwa die großformatigen Monotypien von Olga Pawłowska (700 Zloty / 165 Euro). Ähnlich jung ist die Henryk Gallery, die von zwei Galeristen betrieben wird, die aber auch eine Art Vexierspiel treiben, denn die Öffnungszeiten sind knapp bemessen: Freitags von 12 – 21 Uhr. An anderen Tagen der Woche halten sie – als gutes Zubrot – Mal- und Zeichenkurse ab, diese werden durchaus gern als Vorbereitung zur Aufnahmeprüfung in eine Akademie gebucht. Zwei der vertretenen KünstlerInnen haben ihr Atelier in den mehrstöckigen ehemaligen Elektro-Werken von TELPOD in unmittelbarer Nähe zu MOCAK, wobei Filip Rybkowski mit seinen akribischen Marmor-Imitationen und Interpretationen hervorsticht. Potencja Gallery – wie der Name schon andeutet – ist eine potentielle Galerie. Zwei Künstler und eine Künstlerin haben sich nur einige Türen weiter in dem TELPOD-Gebäude zu einer Atelier- und Galerie-Gemeinschaft zusammengetan. Sujets und Stile variieren, bei der Präsentation werden die Arbeiten bewusst, fast schelmisch „who is who“, gemischt gehängt: Drastisches und Puristisches, strenge Konstruktion und zarter, luftiger Naturalismus, letzterer insbesondere bei Cyryl Polaczek. Außergewöhnlich die Performance von Kamil Kukla. Knoll Galerie verschaffte ihm mit klein- bis kleinstformatigen Bildern 2015 auf der viennacontemporary ein Entrée zur internationalen Szene. Inzwischen „explodiert“ er, seine Leinwände messen durchwegs 150 – 180 cm Seitenlänge. Diese schiebt er, eine nach der anderen mit kurzer Zeit zum Betrachten, von links nach rechts, um sie dort wieder hintereinanderzulehnen, und wieder retour Revue passieren. Komprimierte malerische Kraft auf engstem Raum; 15 Gäste sind wie gebannt, still, selten eine Frage oder Bemerkung zu den wuchtigen, völlig freien Formen, mal organisch, floral, doch wieder amorph wirkend, dazwischen kleinere Partien, pastos, gekräuselt, zittrig. Es ist eine sehr konzentrierte, intime Situation, nicht nur, weil wir uns im Wohn-Schlafzimmer des Künstlers befinden. Seit 11 Jahren leitet Gaweł Kownacki die von ihm mitgegründete F.A.I.T. Gallery (Foundation Artists Innovation Theory) mit Hang zum Außergewöhnlichen, Subversiven (?) sei es Location oder Content. Marta Antoniak schmilzt die Figuren von Überraschungseiern oder anderes Plastik zu horror vacui-Szenerien... u. a., Tomek Baran, ihr Atelier-Partner, ist der Monochrome. Er stellt die Farbe in den Raum, wölbt die Leinwand, den Karton, malt mit glänzend-glatten Lackfarben, gestaltet Farbe. Die Starmach Gallery ist quasi „alteingesessen“, da schon 1989 von den Kunsthistorikern Teresa und Andrzej Starmach gegründet und seit 1997 in den architektonisch reizvollen Räumen des ehemaligen Zucker-Hauses, ein 1881 errichtetes jüdisches Gebetshaus, bestens etabliert. Inzwischen sind die Galeristen ein angesehenes Sammler-Ehepaar, die in der Galerie vorwiegend polnische Künstler vertreten. Aktuell zu sehen ist die staunenswerte Zahnräderwerk-Konstruktion von Michał Kowalczuk, mittels der er geometrisch variierte Grafiken „zaubert“. Ein von Starmach Gallery vertretener Künstler, Tadeusz Kantor, hat sich besonders in die Geschichte Krakaus eingeschrieben: Das Museum Cricoteka ist Tadeusz Kantor (1915 – 1990) gewidmet: seinem Wirken als Theaterregisseur, Maler, Bühnenbildner und Kunsttheoretiker, seinem minutiös von ihm selbst geordneten Nachlass/Archiv und der aktuellen Präsentation seiner Werke (Zeichnungen, Skizzen, Objekte, Installationen, Happenings, Filme), speziell auch seiner Theaterstücke und der wissenschaftlichen Aufarbeitung all dessen. Direkt an der Weichsel gelegen, 2014 nach den Plänen von Wizja Architects, nsMoonStudio (Krakau) fertiggestellt, umschließt die kühne Museums-Architektur das alte Kraftwerkshäuschen, in dem sich nun das zugehörige Theater befindet – eine seltene, wenn nicht einmalige Kombination, verglichen mit Museen, die bestenfalls eine Videolounge beinhalten. ... und natürlich kann man auch auf dem Wawel die singuläre Präsentation von Leonardos Dame mit Hermelin (ein Bild ist die ganze Gemälde-Ausstellung!) und den größten (13 Meter Höhe) spätgotischen Schnitzaltar von Veit Stoß in der Marienkirche bestaunen oder durch die souvenirträchtigen Tuchhallen auf dem weitläufigen Hauptplatz schlendern.
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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