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Von Höhen, Tiefen und der Leere

Großes haben sie vor bei der Other Art Fair. Die Messe für Selbstvermarkter und Hobbykunstgalerien in der Old Truman Brewery an der Brick Lane wurde kürzlich von DemandMedia gekauft, einem Betreiber diverser Online-Marktplätze, der sich zuvor schon Saatchis Online-Galerie einverleibt hat. Beide Unternehmen werden gerade zusammengeführt. Und dann soll es losgehen: Nach Bristol, Sydney und anderen Städten in Australien soll die Offline-Veranstaltung auch in den USA und später vielleicht auf dem europäischen Kontinent etabliert werden, wie eine Pressesprecherin dem artmagazine erzählt. Dem Geschäftsmodell könnte tatsächlich Erfolg beschieden sein, denn es werden sich wahrscheinlich immer Aussteller finden, die in der Hoffnung auf Anerkennung und wirtschaftlichen Erfolg bereit sind, für eine Mini-Koje ab 1.000 Pfund plus 15 Prozent Umsatzbeteiligung zu bezahlen. Mit der Online-Plattform Saatchi Gallery als Akquise-Instrument dürfte der Nachschub nie ausgehen. Der Zuspruch ist erstaunlich: Ab dem späten Nachmittag füllen sich die verwinkelten Gänge mit einem vornehmlich jungen Publikum, das auf etablierten Messen selten zu sehen ist. Tatsächlich ist manches von dem, was zwischen zeitgenössischer Pop Art, pastellfarbener Abstraktion und Reise-Fotografie angeboten wird, attraktiver als Möbelhaus-Kunst und preiswerter als Scope- oder ArtFair21-Ramsch. Vielleicht schafft es sogar einmal ein Künstler von hier auf den richtigen Kunstmarkt. Unverhofft stolpert der Besucher von der quirligen Selbstvermarktermesse in menschenleere Hallen. Als erstes fallen Zeichnungen von Joan Miro ins Auge. Irgendjemand hat einen Durchgang geöffnet zu einer weiteren Messe im gleichen Gebäude. Die Crossroads ist eine durchaus respektable Veranstaltung, die erstmals stattfindet, in den selben Räumlichkeiten, in denen zuvor schon die Kinetica für bewegte Kunst zugrunde gegangen ist. Der Veranstalter der Pinta (ehemals ebenfalls hier und in New York) zeichnet auch für diese Messe verantwortlich, was den hohen Anteil spanischer und lateinamerikanischer Galerien erklärt, nicht jedoch das praktisch völlige Ausbleiben von Besuchern nach der Vernissage. Carlos Duran von der Galeria Senda in Barcelona ist konsterniert. Mit 6.000 Euro (oder Pfund, so genau weiß er das gar nicht), sei der Stand für die Größe zwar preiswert, gerechnet auf die Zahl der Besucher jedoch enorm. Immerhin, ein Werk hat er zur Eröffnung an ein Museum verkauft. In einem gesonderten Raum präsentiert der ubiquitäre Belgier Alain Servais einen Teil seiner "Familiensammlung". Über mangelnden Andrang kann sich I:54, die Messe für afrikanische Kunst, nicht beklagen. Überhaupt scheint es bergauf zu gehen in Somerset House. Im vierten Jahr hat sich die Messe mit 40 Teilnehmern auch qualitativ verbessert. 17 Galerien sind neu dabei. Der Anteil weißer Galeristen nicht mehr ganz so auffallend hoch. Teilnehmerin der ersten Stunde ist Cecile Fakhouri aus Abidjan, die über die Jahre auch eine stetige Zunahme bei Sammlern und Verkäufen bestätigt. Die Umsätze scheinen zu stimmen, denn ihr Zimmer in dem weitläufigen Palast schlägt mit rund 20.000 Euro zu Buche. Nur einen Bruchteil davon kostet mit 2.600 Pfund die Teilnahme am renommiertesten Frieze-Satelliten, dem ewigen Geheimtipp Sunday. In vorherigen Jahren wechselweise von jeweils mehreren Galerien organisiert, ist jetzt Supplement aus London allein verantwortlich. Das hat der Messe im Keller eines Universitätsgebäudes sichtlich gut getan. Von den 25 Teilnehmern sind 17 erstmals dabei, darunter die Galerien Natalia Hug und Drei aus Köln sowie Tobias Naehring aus Leipzig. Die ewig gleichen Nachwuchsgalerien zu sehen war auf die Dauer etwas langweilig. Viel von ihrem Reiz verloren hat PAD, der Pavillion of Art and Design. Als Edelmesse mitten im Zentrum auf dem Berkeley Square gestartet, leidet sie sichtlich unter der Strahlkraft der Frieze Masters. Obwohl dort Design (bis auf Ausnahmen) außen vor bleibt, schwächelt PAD gerade in diesem Bereich zunehmend. Es lässt sich allerdings kaum sagen, ob der Veranstaltung das Karma abhanden gekommen ist, oder ob das auf teure Inneneinrichtung gepolte Londoner Publikum gerade einfach kein Geld ausgeben möchte. Other Art Fair Crossroads I:54 Sunday PAD
Mehr Texte von Stefan Kobel

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