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TEFAF 2016: Nach Bernheimer ist mit Bernheimer

Das erste Jahr nach der Ära Bernheimer, bringt viele Veränderungen für die Tefaf. Es ist jedoch keineswegs ein Jahr ohne Konrad O. Bernheimer, der das Münchener Familienunternehmen aufgelöst hat. Der Altmeisterhändler steht nach wie vor dem Londoner Unternehmen Colnaghi als Chairman zur Seite, das am Eröffnungstag den hochkarätigsten Verkauf der Edelmesse verkünden kann: Ein Blumenstilleben von Roelant Savery war dem Mauritshuis 6,5 Milionen Euro wert. Für Galerie und Museum war das Grund genug, während der Eröffnung einen Pressetermin vor dem Bild anzuberaumen. Stellt man sich einen ähnlichen Vorgang bei einem Werk aus dieser Preisregion für die Art Basel oder eines der großen Auktionshäuser vor, erhält man eine Idee von der Situation, in der sich die "Königin der Kunstmessen" aktuell befindet. Ihr Markstegment steckt in einer strukturellen Krise, und das seit Jahren. Längst vorbei sind die Zeiten, da hier Meisterwerke von Rembrandt, Rubens oder van Gogh mit Preisen im mittleren achtstelligen Bereich einer staunenden Öffentlichkeit präsentiert wurden. Die Alte Tante hat bisher keine überzeugende Strategie gefunden, dem schleichenden Niedergang der Alten Kunst zu begegnen. Der Ausflug in die zeitgenössische Kunst wirkt seit jeher blutarm; die Käufer der beiden Segmente sind einfach sehr verschieden. Das China-Abenteur mit einer Messe in Kooperation mit Sotheby's war zu Ende, bevor es begonnen hatte. Die Veränderungen im Hallendesign und eine Aufwertung der Nachwuchs-Abteilung Art on Paper sind angesichts der Herausforderungen nicht mehr als Kosmetik. Jetzt soll es eine Expansion nach York richten. Gleich zwei Veranstaltungen in der traditionsreichen Armory an der Upper East Side, die bisher unter anderem Namen firmierten, sollen den Ausstellern den Weg an die prallgefüllten Tröge der amerikanischen Sammlerschaft eröffnen. Denn aus Angst vor dem Terror in Europa kommen immer weniger US-amerikanische Sammler in die Niederlande. In Maastricht sind die Europäer weitgehend unter sich und können sich wie jedes Jahr an einer Pracht und Vielfalt erfreuen, die auf den ersten Blick ungebrochen erscheint. Die sichtbaren Spuren der Marktverschiebungen sind subtil: Das Design der Messhalle ist endlich in der Jetztzeit angekommen, die junge Sparte Works on Paper wurde aufgewertet und architektonisch besser an das Hauptfeld angebunden. Schwerwiegender sind die Versuche der Händler, sich einem Markt anzupassen, von dem kaum jemand weiß, wie er zukunftsfest gemacht werden kann. Eine seit Jahren zu beobachtende Tendenz ist das Engagement der Altmeisterhändler in Modern Contemporary und mehr dekorativer zeitgenössischer Kunst. Andere wiederum versuchen, ihr angestammtes Segment aktuellen Erlebnisgewohnheiten anzupassen. Der Londoner Händler Johnny van Haeften macht aus Marten van Cleves flämischer Dorfhochzeit mittels einer Klanginstallation aus Stimmen, Tierlauten, Glockenläuten und dem Tröten einer Sackpfeife ein immersives Kunstwerk. Talabardon & Gautier aus Paris haben zusammen mit dem Veranstalter aus ihrer Präsentation eines Frühwerks von Rembrandt ein Social Media-Ereignis gemacht. Beides wirkt ein bisschen ungelenk. Gleichzeitig wird die Öffnung zur aktuellen Kunst weiter getrieben. Die kleine kuratierte Sonderschau "Tefaf Curated" ist in ihrer zweiten Ausgabe vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen. Unter dem Titel "Show Your Wound" werden sieben Positionen präsentiert, die in ihrer Zeitgenossenschaft ohne Anschluss zu ihrem Umfeld bleiben. Bei Works on Paper hingegen fügen sich die zeitgenössischen Neuzugänge Mireille Mosler aus New York und Patrick Heide aus London harmonisch ein. Für letzteren hatte sich das finanzielle Risiko schon am ersten Tag gelohnt. Unter anderem kaufte ein Neukunde aus der Schweiz eine großformatige Collage von Minjung Kim für einen mittleren fünfstelligen Betrag. Damit sind die Teilnahmekosten beinahe eingespielt. Zu einer Entdeckermessse für junge Kunst wird sich die Tefaf wohl kaum entwickeln. Wohin die Suche nach einem zeitgemäßen Profil führt, lässt sich allerdings noch nicht sagen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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TEFAF 2016
11 - 20.03.2016

MECC (Maastricht Exhibition & Congress Centre)
6229 Maastricht, MECC (Maastricht Exhibition & Congress Centre), Forum 100
Tel: +31 43 383 86 66 , Fax: +31 43 383 88 08
Email: info@tefaf.com
http://www.tefaf.com
Öffnungszeiten: täglich 11-19 h


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