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Stefan Sagmeister - The Happy Show: Happiness is a yellow gum

Irgendwann in den 90er-Jahren erzählte man sich in Wien, der damalige Direktor des MAK, Peter Noever, würde bei internen Besprechungen für Notizen Papier in einem besonderen Gelbton ausgeben. Dies solle sich positiv auf die Mitarbeiter, deren Gemütsverfassung und Kreativität auswirken. Die Zeiten haben sich geändert, momentan sind es die Besucher, deren Gemütszustand durch ein nachgerade perfektes Gelb beeinflusst wird. Oder vielleicht doch nicht? „Diese Ausstellung wird sie nicht Glücklicher machen?“ werden sämtliche diesbezüglichen Erwartungen gleich zu Beginn von Stefan Sagmeisters „The Happy Show“ herab geschraubt. Nun ja, was ist schon Glück? Stefan Sagmeister, in Bregenz geborener, in Wien ausgebildeter und in New York lebender Graphikdesigner wollte es genau wissen und hat sich während seines letzten Sabbaticals auf eine intensive Recherchereise begeben. Doch schon mit dem Prinzip Sabbatical, für das er alle sieben Jahre sein Büro für eine Auszeit schließt, scheint der vielfach preisgekrönte Designer einen richtigen Pfad eingeschlagen zu haben. Lieber den Ruhestand um ein halbes Jahrzehnt hinauszögern und jene fünf Jahre als Sabbatjahr innerhalb der Arbeitszeit verteilen, so eine von Sagmeisters Strategie zum Glück. Sämtliche Aspekte von Glück oder dem was es verheißen soll, wurden recherchiert, ausprobiert, reflektiert und die Ergebnisse, ob nun Statistiken, (Selbst-)Erfahrungen, Ideen, Sentenzen und Fragen, visualisiert. Dies geschieht in einer erstaunlich umfassenden wie kurzweiligen Vielfalt – von der großen Geste des riesenhaften, aufblasbaren Menschenaffen in der Säulenhalle bis hin zu lapidar gekritzelten Botschaft an den Wänden des Stiegenhauses oder in den Toiletten. Es ist dies eine heiter nachdenkliche Entdeckungsreise, mit poetischen filmischen Inszenierungen, der Dokumentation von Selbstversuchen, samt der vielfachen Aufforderung sich aktiv zu beteiligen. Man zieht Kärtchen mit Handlungsanweisungen, darf in der Eingangshalle Münzgeld frei entnehmen oder aber es aber über eine ausgeklügelte Bahn aus dem ersten Stock nach unten befördern. Man radelt, zeichnet, verkostet des Meisters liebste Ingwerbonbons oder lacht, um Installationen sichtbar zu machen. Die Konsequenz mit der sich Sagmeister auf die Suche nach dem Glück begibt fasziniert, die daraus resultierenden Erkenntnisse sind durchaus profund, die Umsetzung ist von einer hinreißenden Leichtigkeit und im besten Fall wird man inmitten des Parcours entlang von Sagmeisters Glück dazu verführt, abzudriften in eigene Fragestellungen. Das ist weder esoterisch noch lustig. Glück ist eine überaus ernste Angelegenheit, auch wenn es sich um trivial anmutende Kleinigkeiten und kurze Momente handelt. Im Gang des Unterschosses schließlich ist man aufgefordert, den eigenen Glückszustand auf einer Skala von 1-10 zu bewerten und dies mit der Entnahme einer gelben Kaugummikugel zu manifestieren. Gleich eines Säulendiagrammes dokumentiert jede Entnahme der Süßigkeit somit die Zufriedenheit der Ausstellungsbesucher, versetzt diese in klebrig-süße Kindheitserinnergen und verleitet zu längst vergessenen Fähigkeiten. Glück bedeutet bisweilen schlicht auch, sich die Reste einer perfekten Kaugummiblase von der Nase zu zupfen.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Stefan Sagmeister - The Happy Show
28.10.2015 - 28.03.2016

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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