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Die Kunst der Anpassung. Steirische KünstlerInnen im Nationalsozialismus zwischen Tradition und Propaganda: Neue Maßstäbe

Zu den schwierigsten ausstellungstechnischen Fragen zählt jene, auf welche Weise man mit Malerei und Plastik aus Diktaturen darstellen kann. Eine Antwort darauf gab 2008 die überaus sehenswerte Schau „Politische Skulptur“ in der Landesgalerie Linz, wenngleich in diesem Projekt eigentlich nur ein einziger „Nazikünstler“ – nämlich Josef Thorak – vertreten war. Dennoch: Präsentation und die Art der Kontextualisierung konnten als mustergültig gelten. Neue Maßstäbe setzt nun auch die Neue Galerie Graz mit ihrer von Günther Holler-Schuster kuratierten Ausstellung „Die Kunst der Anpassung. Steirische KünstlerInnen im Nationalsozialismus zwischen Tradition und Propaganda“, die aufgrund des großflächigen Joanneum-Umbaus im Stadtmuseum Graz präsentiert wird. Wer sich gleich zu Beginn Hitlerbilder und Hakenkreuzfahnen erwartet, der wird enttäuscht – und zwar zu Recht. Jene scheinbar harmlosen Landschaftsmalereien, die am Anfang der Ausstellung hängen (sie wurden anlässlich eines Rosegger-Jubiläums gemalt), repräsentieren schließlich viel eher den Mainstream der NS-Kunstproduktion als das, was dann ohnehin folgt: Nämlich propagandistische Monumentalmalerei (etwa eines Karl Mader) oder Skulptur (Hans Mauracher, Wilhelm Gösser). Die Schau wurde klug in einzelne Kapitel geteilt – so widmet man sich etwa nicht nur dem Sujet der Landschaft, sondern auch der sexistischen Rollenaufteilung im Nationalsozialismus, der Verklärung des Helden, der Überhöhung der Arbeit. Zudem vergisst man auch nicht, das Fortleben mancher Bilder in der Nachkriegszeit zu dokumentieren – Maders „Mutter“ etwa diente noch 1949 der „Steirischen Zeitung“ als Coverbild ihrer Muttertags-Ausgabe. Ebenso macht man nachvollziehbar, wie einzelne Künstler – und erstaunlich viele Künstlerinnen – nach 1945 weiterarbeiteten: So manche oder mancher malte plötzlich (einigermaßen ungeschickt) abstrakt. Doch nicht nur an den Inhalt, sondern auch an die Vermittlung wurde mit großer Sensibilität herangegangen: So hängt man die Bilder nicht auf Augenhöhe – sondern dort wurden auf einem breiten roten Streifen detaillierte Informationen zu KünstlerInnen und Kunst notiert. Erst darüber oder darunter finden sich die dazugehörigen Werke; der erste Blick fällt also zunächst auf die sachliche Ebene, erst dann wird er mit Malerei und Zeichnung konfrontiert. Eine solche Gestaltung mag man als didaktisch empfinden; in diesem Fall bietet sie jedoch eine intelligente Lösung für jenes Problem, an dem andere schon gescheitert sind. Jeder, der sich in Zukunft an ein solches Ausstellungsprojekt wagt, sollte diese überaus reflektierte, sorgfältig aufbereitete Schau gesehen haben. Alle anderen eigentlich auch. Uneingeschränkte Empfehlung.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Die Kunst der Anpassung. Steirische KünstlerInnen im Nationalsozialismus zwischen Tradition und Propaganda
15.06.2010 - 02.01.2011

Stadtmuseum Graz
8010 Graz, Sackstraße 18
Tel: + 43-(0)316 - 822580
Email: stadtmuseum@stadt.graz.at
http://www.stadtmuseum-graz.at
Öffnungszeiten: Di 10.00 bis 21.00 Uhr, Mi bis Sam 10.00 bis 18.00 Uhr, So und Fe 10.00 bis 18.00 Uhr


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