Rainer Metzger,
Lüpertz in Bonn
Man muss den Katalog, den die Bundeskunsthalle in Bonn aus Anlass der Werkschau von Markus Lüpertz herausgebracht hat, überhaupt nicht aufschlagen, um einmal mehr des Großen Egos des Meisters gewahr zu werden. Schon vom Cover dräut er herab, ganz in Schwarz, mit markanter Glatze, Spaziertock und Goldkette, und auch auf den Eingangsseiten ist das einzige, was es zu sehen gibt, der Dandy, Rektor, Peintre Ouvrier, Gottkünstler, Fussballer und Vielfachbegabte in Personalunion. Schon wieder eine Home Story, könnte man meinen.
Die Ausstellung aber ist vollkommen anders. Sie hat es darauf abgesehen, all das, was man an Lüpertz überkandidelt, unausgegoren, affig finden kann, geradezu peinlich auszuklammern. Die Direktion von Robert Fleck und die Beratertätigkeit von Nathalie Hoyos, ehedem beim Staatssekretär Morak tätig, und von Rainald Schumacher, früher bei der Sammlung Goetz in München, machen sich kraftvoll geltend. So griffig ist es selten einer Ausstellung gelungen, ein Oeuvre besser aussehen zu lassen als es, zumindest bis jetzt, gewesen ist.
Ausstellungsansicht Lüpertz, © Foto:David Ertl, Köln
Man hat die ganze theatralische Sendung, auf die Lüpertz so erpicht ist, ins Leere laufen lassen. Natürlich trefen sich die Stahlhelme, die Dithyramben und Ährenformationen zum Defilee, doch sie sind eingepasst in Gruppen, bei denen allein die Optik zählt. Quer durch die Jahrzehnte und die Themen, durch die Gattungen und die Techniken sind Ressorts zusammengestellt, die sich nach der Oberflächengestaltung richten. Manchmal sind diese Oberflächen wabenartig, bisweilen dominiert eine Farbe, dann wieder ergibt sich eine Gemeinsamkeit im Blockhaften, oder es ist die pure Kleindimensioniertheit. Das jeweilige Ressort ergibt sich im Rapport, und all der ikonografische Anspruch und die Prätention auf Bedeutung werden einwattiert in der Vorläufigkeit des Seriellen.
Das haben sie richtig gut gemacht in Bonn, und das soll hier auch so stehen. Was hier aber auch stehen soll, ist die Nähe dieser Präsentation zu den Prämissen der letzten documenta. Roger Buergel und seine Mitarbeiter hatten sich damals der „Migration der Formen“ verschrieben, die eine Migration der Muster war. Unabhängig von aller Chiffrierung war es seinerseits um optische, visuelle, figurative Gegebenheiten gegangen, um Parallelen, Konsonanzen, Korrespondenzen. Das hat schon vor zweieinhalb Jahren hervorragend funktioniert. Jetzt in Bonn funktioniert es womöglich noch besser, weil Lüpertz in vielem prekärer ist als das bisweilen alllzu beflissen Korrekte der Kasseler. Man werde der Kunst nicht gerecht, hieß es damals. Wahrscheinlich wird man jetzt auch Lüpertz nicht gerecht. Aber man entspricht vortrefflich dem Menschenrecht auf eine gute Ausstellung.
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