Gerhard Richter - Bilder aus privaten Sammlungen: Pop und Wertarbeit
Es waren Gerhard Richters Anfänge, und so richtig hatte der spätere Weltmeister beim Reproduzieren von Reproduktionen wohl noch nicht ganz zu seiner Form gefunden. Die Leinwand jedenfalls zeigte nach einer S/W- Vorlage Vico Torriani im Kreise von vier gut gelaunten Fräulein beim Verkosten des Silvesterpunsches 1962, doch Richter war mit dem Ergebnis wohl alles andere als zufrieden und legte noch mal Hand an. Er attackierte mit dem Messer, versorgte die Schnitte notdürftig mit groben Stichen, goss Farbe über die Rückseite, sodass sie vorne gleich Blut aus den Nähten quoll, zuletzt schlug er noch einige Nägel in die Schienbeine der jungen Damen. Danach hielt er das Bild für gänzlich misslungen und schenkte es samt Widmung Günther Uecker als Kellerdekoration.
Frieder Burda hingegen scheint zu der misshandelten Prominenz in Partylaune eine gewisse Affinität verspürt zu haben, denn heute befindet sich das vom Künstler ungeliebte Frühwerk nebst einer beachtlichen Reihe von weiterem in seinem Besitz. Als nun der Meister für die Ausstellung einer Auswahl seiner Werke aus drei deutschen Sammlungen im Museum Frieder Burda als Co-Kurator gewonnen werden konnte, hat er es flux wieder in jene Existenz verfügt, für die es von ihm zuletzt bestimmt war, in den Keller zu den Toiletten und den sonstigen hilfreichen Einrichtungen.
In den drei Geschossen über dem Souterrain findet sich dann eine überaus gelungene Zusammenstellung von rund 60 Arbeiten aus vier Jahrzehnten. Neben den Beständen von Frieder Burda sind Werke aus den Sammlungen Böckmann und Ströher mit von der Partie, Gerhard Richter hat aus seinem privaten Fundus noch einiges beigesteuert.
Von den monochromen Bildern und den Farbfeldern über jene mit der Rakel abgezogene abstrakten Farbigkeit bis hin zu der ihm speziellen Unschärfe seiner Fotorealismen: Gerhard Richter thematisiert mit seinen Bildern stets die Malerei an sich. Dass die Abbildungen aus Illustrierten, Familienfotos oder sonstigen Vorlagen, von Richter auf die Leinwand gemalt, wieder in den Kanon der kunsthistorischen Sujets wie Stilleben, Landschaft, Portrait oder Historienbild zurückgeführt werden, erscheint hier als überaus konsequent. Gerhard Richters Malerei das ist die unverhoffte Begegnung von Gesten des Pop mit deutscher Wertarbeit.
19.01 - 27.04.2008
Museum Frieder Burda
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