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Aby Warburg. Der Bilderatlas Mnemosyne: Kunsthistorische Kontinentalverschiebung

Beinahe hätte man solche Ausstellungen in der Albertina schon nicht mehr für möglich gehalten. Das, was derzeit im erstmals der Öffentlichkeit zugänglichen Studiensaal - dem Vernehmen nach sollen sich dort allerspätestens ab März 2008 Besucher, vor allem Wissenschafter Objekte aus dem Bestand des Hauses ansehen können - präsentiert wird, ist in vieler Hinsicht eine Ausnahme. Aby Warburgs "Mnemosyne-Atlas" ist weder großformatig noch bunt, weder glamourös noch allzu berühmt. Die Besucherscharen werden diese Präsentation ganz bestimmt nicht stürmen - allerdings wurde sie auch so gut wie gar nicht beworben, und die Laufzeit ist extrem kurz. Egal. Gerhard Fischer, der sich selbst bescheiden als den "Johann Sebastian Bach des Wiener Ausstellungswesens" bezeichnet, hat mit seinem Verein "daedalus" Warburgs "Bilderatlas Mnemosyne" anhand von Fotos und Texten rekonstruiert. Die 63 Tafeln, auf denen 1180 Bilder versammelt sind, gingen bereits im Jahr 2000 als Schenkung in den Bestand der Albertina über. 1924 hatte Warburg, Erfinder der Ikonologie, begonnen, seit der Antike entstandene Bilder in thematischen Kategorien zu gruppieren. Obwohl sich immer wieder Tafeln finden, die sich ausschließlich etwa italienischer oder aber deutscher Kunst widmen, stellte Warburg auch Bildfindungen über zeitliche und räumliche Schranken hinweg einander gegenüber - obwohl doch gerade erst Heinrich Wölfflin mit seinen "Kunsthistorischen Grundbegriffen" die Grenzen zwischen Nord und Süd so ordentlich gezogen hatte! Warburgs Verdienst bestand nicht nur darin, zu demonstrieren, dass bereits in der Antike vorhandene Kompositionen und Formen selbst noch in Werbeinseraten und Pressefotografien verwendet werden, sondern auch darin, außereuropäische Kunstgeschichte in seine Forschung einzubeziehen. Damit war er zwar nicht der erste; dass er jedoch Bilder Kontinente übergreifend miteinander verglich, das erinnert frappant an die auf der documenta XII oftmals beschworene und leider so altväterisch dargestellte "Migration der Formen". Obwohl Warburgs Mnemosyne-Atlas mit seinem Tod 1929 unvollendet geblieben ist, gibt er dessen Ansatz gültig wider. Man meint, ihm beim Denken zusehen zu können. Schlicht und einfach: Ein Faszinosum.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Aby Warburg. Der Bilderatlas Mnemosyne
23.11 - 14.12.2007

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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