Werbung
,

Lang lebe der Western

Der Western wird schon so lange totgesagt und erlebt doch immer wieder eine Auferstehung. Dieses Genre scheint eine unverwüstliche Anziehungskraft zu besitzen. Die letzten wirklich gelungenen Wiederbelebungen sind allerdings schon ein paar Jahre alt: Clint Eastwoods "Unforgiven" (1992) und Jim Jarmushs "Dead Man" (1995) waren beinharte Abrechnungen mit dem Mythos, den der Western repräsentiert. Daran kann auch Jan Kounen nicht vorbei. In "Blueberry" werden Highlights des Genres mit reflektiert. Der ganze Anfang erinnert an "Dead Man", bloß ist er nicht in Schwarzweiß, sondern den Farben alter, handkolorierter Fotografien nachempfunden. Ein andermal wird Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" zitiert oder Clint Eastwoods Auftritte in seinen Gespensterwestern. Wie Catwoman war Mike Blueberry ursprünglich ein Comic-Held. Die Rachegeschichte ist aber nur eine lose Adaption seiner gezeichneten Abenteuer. Entscheidend für die endgültige Form des Films war Jan Kounens starkes Interesse am Schamanismus: "Blueberry" ist der erste Esoterik-Western. Und eigenartigerweise kann sich das Ergebnis sehen lassen. "Blueberry" ist der Versuch, auf den Trümmern des Genres etwas Neues zu errichten. Was das bedeutet wird nirgends so deutlich wie im Showdown, dem Duell der Kontrahenten. Blueberry und der nach den spirituellen Geheimnissen der Indianer, der Blutsbrüder Blueberrys, trachtende Magier Wally Blount haben einst um die Prostituierte Madeleine rivalisiert, die bei diesem Streit zu Tode kam. Das Duell zwischen den beiden ist nicht zu vergleichen mit irgend einem anderen Westernduell. Nach Einnahme von Meskalin besteht es als innerer Kampf ausschließlich im Ertragenkönnen der eigenen Dämonen. Für Wally Blount endet der Kampf tödlich, für Blueberry mit der Erlösung. Hier fallen die Stärke und die Schwäche dieses Films zusammen. In der Meskalin-Begegnung verlangsamt sich die Coolness der Spaghetti-Western-Duelle bis zum Stillstand, löst sich die äußere Gewalt des Genres in Katharsis auf. Doch die schamanistische Botschaft ist für einen Post-Western zuviel und zuwenig zugleich. Zum Anschauen ist er aber wunderschön. Regie: Jan Kounen Darsteller: Vincent Cassel, Juliette Lewis, Michael Madsen u.v.a. F 2004, 124 min
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: