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Keramik in Wien 1900 - 1930: Biedermeierlich bis expressiv

Gemäß dem Anspruch, sämtliche Bereiche des täglichen Lebens mit ihren Gestaltungen zu bereichern, war auch Keramik von Anfang an im Programm der Wiener Werkstätte verankert. Produziert wurde anfangs noch nicht selbst, vielmehr wurde von anderen Werkstätten oder Künstlern zugekauft oder in Kommission genommen. Berthold Löffler und Michael Powolny, die gemeinsam als Wiener Keramik firmierten, zählten hier ebenso dazu wie etwas später Eduard Klablena. Hatten Löffler und Powolny zu Beginn der WW noch Gefäßkeramik geliefert, die in ihrem konstruiert geometrischen Aufbau sehr an die frühen, eher strengen Metallentwürfe von Josef Hoffmann und Kolo Moser erinnerten, stellte sich der Erfolg erst mit den biedermeierlichen Krinolinendamen, Blütenkaskaden oder Füllhorn stemmenden Putti und sonstigen eher lieblichen Figuren ein. Alleine von einem Spatzenpaar setzte man in den Verkaufsräumen der WW im Laufe der Jahre mehr als 400 Exemplare ab.

Mit Eduard Klablena, der nahezu ein Jahrzehnt in Berlin verbracht, und sich danach mit einer eigenen Werkstatt in Langenzersdorf niedergelassen hatte, erweitert sich das Sortiment um elegante selbstbewusste Modedamen und Tierplastiken, die alles andere als putzig wirken. Klablena kultiviert einen nachgerade sachlichen Stil und schafft es dennoch, bei seinen Tierfiguren charakterliche Eigenschaften zu verleihen. Auch was die Technik der Glasuren und deren Farbigkeit anbelangt, zeigt sich der ausgebildete Ziseleleur als experimentierfreudiger als seine Wiener Kollegen.

Bei der Gefäßkeramik bedient sich Dagobert Peche, allumfassendes Talent in sämtlichen Bereichen der angewandten Kunst, vergleichsweise herkömmlicher Formen und eines volkstümlich gemahnenden Dekors, bei seinen Figuren allerdings gibt er sich innovativ und inspiriert wie ermutigt folgende Generationen. Gemeinsam mit Josef Hoffmann zeichnet er für die Gründung der 1917 eröffneten Künstlerwerkstätten verantwortlich. Künstlerinnen wie Vally Wieselthier, Susi Singer, Gudrun Baudisch, Kitti Rix, Erna Kopriva und andere fanden hier ideale Experimentier- wie Arbeitsbedingungen vor. Ideen konnten entwickelt und ausgeführt werden, fand ein Entwurf nicht Eingang in das Verkaufssortiment der WW konnten die Arbeiten für den Selbstkostenpreis erworben und an anderer Stelle angeboten werden. Vertreter des anderen Geschlechtes mochten über die „Wiener Weiberwirtschaft“ oder eine „Pupperlwirtschaft“ ätzen, doch brachten die Damen einen gehörigen Schwung ins Sortiment. Die Figuren waren expressiv, kräftig farbig, frech, bisweilen witzig und ebenso wenig Püppchen wie diejenigen, die sie schufen. Auch untereinander scheint man sich bestens verstanden zu haben. Vally Wieselthier jedenfalls berichtet in ihren bereits in New York verfassten Memoiren, von den Parties mit denen ein jeder Verkauf an die WW gefeiert wurde. Und als sich die Rahmenbedingungen für die Künstlerwerkstätten schließlich ändern sollten, resümiert sie: „Paradise was lost.“

Fünf Jahre haben die Vorbereitungen für die Ausstellung in der Galerie beider Albertina gedauert. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen und eigentlich würde man das Thema auch gerne wieder einmal singulär in einem Museum verhandelt wissen. Womöglich würde man in einer musealen Konzeption Dagobert Peches Gefäße etwas in den Hintergrund treten lassen und dafür Richard Luksch als wichtigen Protagonisten aufnehmen. Auch würde man vielleicht andere, kommerziellere Manufakturen wie Goldscheider oder Keramos Belege liefern lassen, doch sind die Kriterien für eine Verkaufsausstellung im Kunsthandel schlicht andere. Ein opulenter Katalog tut sein übriges, dass dieses beeindruckende Engagement noch lange nachhallen wird.

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Keramik in Wien 1900 - 1930
10.10 - 30.11.2019

Galerie bei der Albertina - Zetter
1010 Wien, Lobkowitzplatz 1
Tel: +43 1 513 14 16, Fax: 01/513 76 74
Email: zetter@galerie-albertina.at
http://www.galerie-albertina.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-18, Sa 10-13


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