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Versuche an Materialität

Die 15. Ausgabe der Lyon Biennale setzt auf eine Materialschlacht an skulpturalen Verschränkungen und versucht dabei die vier Hauptausstellungsräume der ehemaligen Fagor Fabriken auf 29.000 m² künstlerisch zu reaktivieren. Darüber hinaus sind in ausgewählten Kunstinstitutionen der Stadt ergänzende Satellitenprojekte zu sehen.

Das macLYON gilt zwar als fixer Bestandteil der Biennale, doch wird auch hier mit aufgeblasenen Settings versucht, die Räume in den Griff zu bekommen. Daniel Dewar und Grégory Gicquel zeigen simultan auf zwei Etagen Eichenschnitzereien als Fantasien über Menschen und Säugetiere und schaffen mit Hilfe von eingezogenen Vorhängen ihr eigenes Mikromuseum. Als einzige, konzeptuell überzeugende Fotoarbeit fungieren Karim Kals verstellte Ausblicke im Stiegenhaus, die Fenster in einer Jugendstrafanstalt zeigen, jedoch schwarz abgedunkelt sind und als minimalistischer Eingriff lediglich imaginäre Vorstellungen über die Außenwelt zulassen.

In den Fagor Fabriken bot das KuratorInnenteam des Palais de Tokyo den KünstlerInnen die Möglichkeit, ihre Position im Raum frei zu wählen. Gekonnt nutzten dies Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl, indem sie einen Hohlraum im Boden verspiegelten und mit einem Bett und farbigen Körperversatzstücken versahen sowie auf der dahinter liegenden Wand bis zur Decke eine fotografische Selbstinszenierung affichierten, um ein überdimensionales Wohnzimmersetting zu suggerieren. In einem Video, aufgenommen im Wittgenstein Haus und den Galeries Lafayette, gestikulieren die beiden ein aberwitziges Szenario mit verknapptem Wortwitz à la Louis de Funès. Das gelungene Gesamtkunstwerk in schillernder Gestalt wird schließlich von einer eigenen Modekollektion ergänzt.

Als zweite österreichische Position zeigt Thomas Feuerstein seine Installation Prometheus Delivered, die einem Chemielabor mit blubbernden Flüssigkeiten gleich kommt und sich auf den Mythos des Prometheus bezieht, der den Menschen Feuer brachte und dem ein Adler die Leber aus dem Leib riss, die jedoch immer wieder nachwuchs. In Analogie dazu wird in Feuersteins Laboratorium eine Leberstruktur gebildet sowie komplexe biochemische Vorgänge untersucht.

Das ausgedehnte Setting über die Fabrikhallen definiert einen Parcours, der teilweise an einen Spielplatz für Erwachsene erinnert und BesucherInnen auffordert, sich den verhandelten Themen zu widmen oder schlicht den Blick auf von der Decke schwebende Miniaturkleider (Fernando Palma Rodríguez) oder ein Motorrad nach Kreisen in einer Dünenlandschaft (Stéphane Thidet) zu richten.

15. Biennale von Lyon
bis 5. Jänner 2020
-->www.biennaledelyon.com

Mehr Texte von Walter Seidl

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