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Ars Electronica: Gallery Spaces: Vom Paketband in die Blockchain

„Man darf sich nicht hinstellen und sagen, hier bin ich, kommt! Es geht darum, Beziehungen aufzubauen“, meint Kelani Nichole, die 2013 die Transfer Gallery in Brooklyn, NY gegründet hat. Dieses Jahr hat sie den Standort der Galerie nach Los Angeles verlegt, weil sie sich dort einen offeneren Markt für die von ihr vertretene digitale und mediale Kunst erwartet. Die Hoffnung darauf, bei der Ars Electronica neue Kontakte zu Künstler*innen, aber auch zum Markt für Medien- und Digitale Kunst schließen zu können, hat sie dazu bewogen, die Einladung anzunehmen, ein Werk in den Gallery Spaces in der Postcity zu präsentieren.

Vor drei Jahren hat die Ars Electronica begonnen, neben den künstlerischen Positionen, auch Galerien zum Festival einzuladen. Der Hintergrund dafür ist aber weniger der, den Galerien einen zusätzlichen Verkaufsevent zu bieten, sondern vielmehr die sich wandelnden Bedingungen der Vermarktung sowohl digitaler wie auch analoger Kunst in einer zunehmend digitalisierten Welt zu thematisieren.
Die Teilnehmerschaft ist dementsprechend gemischt und reicht von Institutionen wie der Verwertungsgesellschaft Bildrecht, über Quo Artis, einer Non-Profit Organisation aus Barcelona, dem BOZAR Centre for Fine Arts in Brüssel bis hin zu Galerien wie eben Transfer, Anita Beckers aus Frankfurt oder Mario Mauroner Contemporary Art, der Vent Gallery und Exile, alle drei in Wien beheimatet.
Was natürlich auch nicht fehlt, sind diverse Projekte, die auf die Blockchain als neue und digitalisierte Version eines globalen Kunstmarktes setzen. „In fünf Jahren wird der Kunstmarkt komplett durchdrungen von der laufenden Digitalisierung sein. Damit ergibt sich ein völlig neues Markpotential, auch für hochpreisige Kunst“, gibt sich Christina Steinbrecher überzeugt. Die frühere künstlerische Leiterin der viennacontemporary hat vor Kurzem das Startup Blockchain.art mitbegründet. Blockchain.art will mit „digital art NFTs“, einer speziellen Art von „non-fungible Tokens“ den Handel mit Kunst revolutionieren. NFTs sind Teil einer bestehenden Blockchain und repräsentieren Vermögenswerte für digitale Objekte, die über die Plattform Blockchain.art auch gehandelt werden können. (Anm. der Redaktion: Eine recht gute Erklärung für NFTs bietet z.B. --> Blockchainwelt.de)

Bis es so weit ist, muss man sich auf der Ars Electronica aber in den „Bauch“ der Postcity, in ein Gewirr von alten Paketförderbändern begeben. Der Ort selbst hat etwas Apokalyptisches, was zwar zum Teil recht gut mit den in den Gallery Spaces präsentierten Kunstwerken passt, aber weit entfernt von einer vermarktbaren Präsentationsfläche ist. Aus dem Halbdunkel schimmern da etwa die Neonschriften von Igor Simićs mehrfach ausgezeichnentem Spiel „Golf Club: Wasteland“ (Galerie Anita Beckers). Das interaktive Lichtmobile von mischer'traxler studio hängt eher unmotiviert über einem Paketband (Mario Mauroner Contemporary Art) und Lou Cantors Installation Chatbots (Exile Gallery) duckt sich unter eine Gewirr aus Lüftungsschächten. Ein breiterer Gang bietet in der großen Halle die Möglichkeit für ein paar Stellwände und etwas mehr Licht, etwa für die „Biospheres“ von Joaquín Fargas. Seine vollständig versiegelten Plexiglas-Kugeln beherbergen kleine Ökosysteme aus Pflanzen und verschiedenen Organismen, die im geschlossenen Kreislauf existieren. In der zweiten, kleineren Halle ist die Beleuchtung dann freundlicher, was vor allem den Werken der Galería José de la Mano aus Madrid zugute kommt. Der Galerist präsentiert Werke von Pionieren der Computerkunst, die bereits in den 1960er Jahren erste Versuche mit computergestützter Kunstproduktion am Rechenzentrum der Universität Madrid unternahmen. Dass er im Rahmen der Ars Electronica Umsätze macht, erwartet er sich nicht. Ihm ist es wichtig, die lange vergessenen Künstler im Rahmen des Festivals präsentieren zu können.

Galerien einen Marktplatz zu bieten, ist auch nicht das Ziel der Gallery Spaces. Für Gerfried Stocker, Leiter der Ars Electronica, geht es vielmehr darum, die Künstler*innen selbst für den Kunstmarkt zu sensibilisieren. Dieser ist allerdings für Medienkunst noch ausgesprochen entwicklungsbedürftig - auch aufgrund der technischen Herausforderungen, die das Sammeln von Medienkunst mit sich bringen kann. Diese beschrieb im Rahmen einer Podiumsdiskussion eindrucksvoll der indonesische Kunstsammler Wiyu Wahono, der die Werke aus seiner Sammlung, die ebenfalls im Rahmen der Gallery Spaces präsentiert werden, teilweise sogar selbst installierte.

Der kleine Anstoß zur Marktentwicklung den die Ars Electronica hier leisten will, könnte aber schon bald wieder Geschichte sein, denn die Postcity steht in Zukunft nicht mehr als Veranstaltungsort zur Verfügung. Am neuen Standort, so hört man, könnten die Gallery Spaces aus Platzgründen nicht stattfinden. Doch vielleicht haben dann bereits erste Kunstliebhaber ihre Ethereum Wallets und besitzen digitale Anteile der ausgestellten Kunstwerke des Festivals.

Mehr Texte von Werner Rodlauer

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Ars Electronica: Gallery Spaces
05 - 09.09.2019

Postcity
4020 Linz,
https://ars.electronica.art/outofthebox/gallery-spaces/
Öffnungszeiten: Sa, So, 10-19:30, Mo 10-18 h


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