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ART Basel: Fast alles in Ordnung

Die alte Faustregel, nach der jedes zweite Jahr eine gute Art Basel bedeute, gilt nicht mehr, seit die Biennale di Venezia ihren Starttermin vorverlegt hat und die Kunstkarawane eben nicht mehr beide Großevents in einer einzigen Grand Tour erledigen kann. Dass die aktuelle Ausgabe entgegen aller globalpolitischen Wahrscheinlichkeiten dennoch umsatzstark werden könnte, hat sich schon am Wochenende zuvor bei den Galerieeröffnungen in Zürich gezeigt. Eine Galeristin schwärmt, dass sie selbst auf ihrer erfolgreichsten Messe weniger verkauft habe als jetzt in ihrer Galerie. KOW aus Berlin hat nach eigenen Angaben am ersten Tag mehr Arbeiten in alle Welt vermittelt als bei ihrer ersten Teilnahme im regulären Segment im letzten Jahr.

Noch vor Ende des ersten Vernissagetages in Basel trudeln von den Presseagenturen der Großgalerien Erfolgsmeldungen ein, die staunen machen. Um 17 Uhr 34 verkündet Hauser & Wirth den Verkauf von rund 30 Arbeiten über ihre aktuelle großvolumige Publikation und aus dem Messestand. Allein die veröffentlichten Preise summieren sich auf über 40 Millionen Euro. Selbst mittelgroße Messen für zeitgenössische Kunst dürften froh sein, wenn alle ihre Aussteller zusammen einen Umsatz in dieser Größenordnung machen.

Der von den sogenannten Blue Chip-Galerien gebildete Teil des Marktes ist einerseits und für jeden sichtbar komplett abgehoben von den Niederungen der Szene, in der sich der allergrößte Teil des Geschäfts wie der Künstlerlaufbahnen und Ausstellungen abspielt. Nach Außen ist der Unterschied zwischen beiden Sphären kaum zu vermitteln. Und doch fällt in Basel irgendwie alles in eins. Martin Janda aus Wien erklärt: "Gerade weil ich nicht mehrere Filialen habe, sind Messen immer noch der Ort, an dem ich neue Kontakte knüpfe und Kunden treffe, die ich aus unterschiedlichsten Gründen das Jahr über nicht in der Galerie sehe." Auf der Art Basel sei es eben möglich, 40 Millionen für ein Objekt auszugeben oder auch ganz fantastische Kunst für 10.000 Euro zu kaufen, erklärt er. Als Besucher muss man sich halt der Unterschiede bewusst sein. Ein avantgardistischer Mode-Designer aus Antwerpen bedient ja auch ein anderes Segment als Prada.

Während die Kunstwelt in Basel also in Ordnung scheint, bereiten der Messe selbst äußere Faktoren Ungemach. Die Muttergesellschaft MCH Group ist in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Selbstverständlich geht das auch an der Art Basel nicht spurlos vorüber, doch deren Direktor Marc Spiegler beruhigt: "Niemand innerhalb der MCH erwartet, dass die Art Basel im Alleingang das Unternehmen rettet. Im Gegenteil: Auch in der gegenwärtigen Situation investiert die MCH weiterhin in die Art Basel: Mit unserem neuen Preismodell verzichten wir dieses Jahr auf eine Umsatzsteigerung. Neue Formate wie Meridians in Miami bedeuten Anlaufkosten, die sich aber langfristig auszahlen."
Die schwierige Situation der Mutter habe für ihn sogar nicht nur Nachteile: "Innerhalb des Konzerns ist die Bedeutung der Art Basel gewachsen, auch in dem Sinne, dass in Strategiefragen unsere Stimme ebenso gehört wird, weil wir unser Geschäft sehr genau kennen und erfolgreich führen."

Und auch der Standort Basel werde wohl noch auf lange Zeit der wichtigste Standort der Messe sein: "Asien allgemein und speziell China sind sehr dynamische Märkte. Aber es ist noch ein weiter Weg und daher nur Spekulation wann Asien den westlichen Markt überflügelt. Ein Großteil des Umsatzes dort wird auf Auktionen umgesetzt. Der Anteil der Galerien ist noch relativ klein."

Solange die Zinsen nicht steigen und dieses ganze überschüssige Geld in Immobilien und Kunst investiert sein will, wird sich also an den Baseler Verhältnissen wohl ebensowenig ändern wie am Kopfschütteln über den Gagosian-Stand, der alljährlich mit kreischbunten Koons-Skulpturen vor Klassikern der (Nachkriegs)-Moderne die Augen strapaziert.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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ART Basel
13 - 16.06.2019

Art Basel
4005 Basel, Messe Basel, Messeplatz Halle 1 und 2
http://www.artbasel.com


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