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Renate Bertlmann - Österreichischer Pavillon: Rote Rosen

Erstmals bespielt eine Künstlerin den österreichischen Pavillon auf der Venedig-Biennale allein. Das Werk Renate Bertlmanns war lange Zeit nicht sehr bekannt. Das hat sich mittlerweile geändert. 2016 erschien eine umfangreiche Monografie anlässlich ihrer Einzelausstellung in der Vertikalen Galerie in der Wiener Zentrale des Energieerzeugers Verbund. Und 2017 erhielt die feministische Künstlerin den Großen Österreichischen Staatspreis.

Von Staatskunst weit entfernt, zeichnet sich ihr Werk durch ein konsequentes subversives, gesellschaftspolitisches Hinterfragen von (Geschlechter-)Verhältnissen aus. Mit einer unbändigen Verspieltheit und Freude am Auf-den-Kopf-Stellen von Konventionen nahm sich Bertlmann in ihren Skizzen, Performances, Fotografien und dreidimensionalen Arbeiten der 1970er- und 1980er-Jahre Themen wie der Differenz der Geschlechter oder der traditionellen, daraus abgeleiteten Machtverhältnisse an. Titel wie "Defloration", "Folterbett", "Streicheleinheiten", "Messerbrüste" oder "Wann werden uns die Theologen endlich etwas von Zärtlichkeit erzählen" sprechen für ein Werk, dessen taktile Spannweite tendenziell von sanften Berührungen bis zum gewaltvollen Durchtrennen reicht.

Originell, humorvoll und widerständig setzte Renate Bertlmann vorgefundene Gegenstände wie Präservative, Messer oder Schnuller ein, um neue Kontexte zu schaffen. Leicht im Gedächtnis bleibt etwa eine fotografische Arbeit, die zwei aufgeblasene Kondome, die mit ihren ausgestülpten Sperma-Reservoirs wie Brüste mit erregten Nippeln aussehen, in verschiedenen "zärtlichen" und "erotischen" Konstellationen zeigt.

So waren die Erwartungen groß, wie Bertlmann den Pavillon in den Giardini wohl für ihre Zwecke nutzen würde. Der Titel der Ausstellung "Discordo Ergo Sum" - "Ich widerspreche, also bin ich" - trug das Seine dazu bei. Doch das Ergebnis ist verhalten. In den Räumen kleben Schwarzweiß-Reproduktionen von bisherigen Werken und Skizzen an den Wänden, was diesem widerständigen Oeuvre kaum gerecht wird. Den Innenhof hinter dem Pavillon füllt eine eigens für die Biennale entwickelte Installation aus 312 roten Rosen aus Murano-Glas auf metallenen Stielen in Reih und Glied. Jede Rose ziert ein Messer, das aus ihrer Mitte spitz nach oben ragt. Die Installation schließt an frühere Bertlmann-Arbeiten wie "Messerbrüste" (1975) oder "Vertreterkoffer für Präservativ-Wurfmesser" (1976) an. Doch wo diese in den 1970ern irritierten und zugleich einen Nerv trafen, entwickelt die Armee der Murano-Blumen trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer starken visuellen Präsenz nicht denselben Effekt.

Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Renate Bertlmann - Österreichischer Pavillon
11.05 - 24.11.2019

Österreichischer Pavillon - La Biennale di Venezia
30122 Venezia, Giardini della Biennale
https://www.biennalekneblscheirl.at
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h, Fr, Sa bis 20 h,
Montag geschlossen außer 25/07, 15/08, 5/09, 19/09, 31/10, 21/11


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Rote Rosen
Brigitte Huck | 15.05.2019 05:28 | antworten
If there was a prize for the worst pavilion – and the competition is not small – it would surely go to Austria’s garden of scarlet vagina-blossoms with shiny steel stamens. This is just crass. The Guardian, 12.5.2019

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